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Portfoliocheck: Mit Coinbase will Chase Coleman bei Kryptowährungen so richtig absahnen

Portfoliocheck Michael C. Kissig 1.488 Leser

Coleman war in Glen Head, Long Island, als Sohn eines Rechtsanwalts und einer Innenarchitektin aufgewachsen. Sein Großvater Charles Payson Coleman war mit Mimi C. Thompson, geborene Louise Stuyvesant Wainwright verheiratet, einer Nachfahrin von Peter Stuyvesant, dem letzten holländischen Gouverneur auf amerikanischem Boden, der New Amsterdam an die Briten abtrat.

Als Julian Robertson seinen Fonds im Jahr 2000 schloss, betraute er Coleman mit der Verwaltung von über 25 Millionen Dollar, was ihn zu einem der über 30 sogenannten "Tiger Cubs" machte, den Tigerwelpen; Fondsmanager, die ihre Karriere im Fondsmanagement bei Tiger Management begannen. Robertson war aber nicht nur ein großartiger Investor, sondern ein mindestens ebenso guter Lehrer. Zu seinen Schülern gehören 50 der erfolgreichsten Fonds Manager der Welt und neben Chase Coleman u.a. auch Stephen Mandel (Lone Pine), Andreas Halvorsen (Viking Global), Rob Citrone (Discovery Capital Management), Philippe Laffont (Coatue Management) und Lee Ainslie (Maverick Capital).

In der von ihm gegründeten Investmentfirma Tiger Global Management fungiert Chase Coleman als Partner. Der Hedgefonds war ein früher Investor sowohl in Facebook als auch in LinkedIn. Auf der 2019er Forbes-Liste der Milliardäre der Welt rangiert er auf Platz 458 mit einem Nettovermögen von 4,5 Milliarden Dollar und hat nach Angaben von Institutional Investor im Jahr 2020 schätzungsweise 2,5 Milliarden Dollar verdient.

Coleman managt in seiner Tiger Global Management inzwischen fast 54 Milliarden Dollar; er ist ein aktiver Investor, der sein Depot häufiger umschlägt. Dennoch ist sein Portfolio fokussiert und seine zehn größten Positionen machen beinahe die Hälfte seines Depots aus.

Top Transaktionen im 3. Quartal 2021


Coleman blieb auch im zweiten Quartal seinem aktiven Stil treu und wirbelte sein Depot mächtig durcheinander. Seine Turnoverrate lag bei 15 Prozent und zum Quartalsende hielt er 142 Positionen, darunter 25 neue in seinem nun 53,75 Milliarden Dollar schweren Depot.

Im 1. Quartal hatte es der damalige Neueinsteiger Roblox mit einem Gewicht von sechs Prozent vom Start weg in die TOP 3 von Colemans Depot geschafft. Nun reduzierte Coleman seinen Anteil gleich wieder um rund ein Drittel. Sein zweiter gewichtiger verkauf betrifft den Dow Jones-Wert Salesforce.com, von dem Coleman gleich 83 Prozent abstieß und vermutlich nach Schluss des zweiten Quartals auch die Restbestände seines Position verkaufte.

Im Gegenzug hat Coleman kräftig eingekauft. Stärkste Auswirkung hatte hierbei die Aufstockung bei Doordash um 88 Prozent, die rund 45 Prozent des US-Marktes für Essenslieferungen beherrschen. Bei Zoom Video baute er seine Position um drei Viertel aus, bei DocuSign um 41 Prozent, bei Shopify um 69 Prozent. Diese vier Positionen hatte Coleman bereit im Vorquartal kräftig aufgestockt und zwar zwischen 70 und 264 Prozent. Des Weiteren erhöhte er seinen Bestand an Snowflake um 88 Prozent.

Neu an Bord ist Coleman bei Procore Technologies, UiPath, Coinbase Global und DoubleVerify Holdings.

Top Positionen am Ende des 2. Quartals 2021


Mit 46,4 Prozent Gewichtung hat Cole den Technologie-Sektor hoch gewichtet und im letzten Quartal nahm es sogar um weitere knapp sechs Prozent zu. Es folgen zyklische Konsumwerte mit 23,2 Prozent, die 4,5 Prozent verloren vor Communicaton Services mit 19,9 Prozent, die etwas mehr als zwei prozent abgeben mussten. Financial Services bringen es nur noch auf 6,4 Prozent und Industriewerte auf 2,2 Prozent Gewicht.

Obwohl Chase Coleman seinen Aktienbestand bei JD.com kaum verändert hat, sank die Gewichtung seiner größten Position von 10 auf 7,75 Prozent. Das ist cor allem dem Absturz der chinesischen Börsen bei gleichzeitiger Allzeithochrallye der US-Aktien und hier besonders der Technologiewerte geschuldet.

Microsoft bleibt mit 6,6 Prozent die Nummer zwei in Colemans Depot, dahinter folgt nun SEA Limited mit 5,2 Prozent Anteil, die Roblox überholt haben, die es nach dem Teilverkauf noch auf 4,6 rozent bringen.

DocuSign konnte sich als Neueinsteiger in der TOP 10 gleich auf Rang fünf etablieren und damit sogar Amazon verdrängen, die auf den sechsten Platz abrutschten. Doordash ist als siebter mit 3,6 Prozent Gewichtung ebenfalls neu unter den Top-Werten und liegt vor Apollo Global Management, Carvana und CrowdStrike.

Im Fokus: Coinbase Global


Coinbase Global ist die weltweit führende Kryptobörse. Das Unternehmen ging Mitte April als Direktplatzierung an die Börse und erlöste dabei rund drei Milliarden Dollar. Der Referenzkurs war 250 Dollar, der erste Kurs lag bei 381, der höchste bei 430 und der Schlusskurs bei 328 Dollar. Schon der erste Handelstag zeigte extreme Volatilität und spielte mit der Angst und der Gier der Anleger. Danach ging es erstmal bis Mitte Mai bergab und bis Mitte Juli hat sich bei 220 Dollar ein Boden gebildet, von dem aus der Kurs langsam zu steigen begann.

Mit den aktuell aufgerufenen 265 Dollar bringt es die Krypto-Handelsplattform auf einen Börsenwert von rund $56 Milliarden Dollar. In der letzten Finanzierungsrunde vor dem Börsenlisting wurde Coinbase noch mit acht Milliarden bewertet und verglichen mit einem Umsatz von 2 Milliarden Dollar, den Coinbase im zweiten Quartal umsetzte, ist dies eine atemberaubende Bewertung – selbst wenn der Umsatz um mehr als 1.000 Prozent gesteigert wurde im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Coinbase zählt Elon Musk zu seinen Kunden und hat in Cathie Wood von ARK Invest einen großen Fan; sie hat im zweiten Quartal ordentlich Aktien für ihre ETFs ARK Innovation, ARK Fintech Innovation und ARK Next Generation Internet gekauft und ist mit 2,66 Prozent die größte Aktionärin von Coinbase, während Chase Coleman mit 1,24 Prozent deren fünftgrößter Anteilseigner ist.

Ihr Interesse an Coinbase, trotz der sehr hohen Bewertung, dürfte an deren Marktstellung liegen. Ende 2020 lagen 11,1 Prozent aller weltweiten Krypto-Assets auf Konten von Coinbase. 2019 waren es noch 8,3 und im Jahr davor 4,5 Prozent. Und der Boom bei Kryptowährungen, vor allem beim Bitcoin, der immer neue Rekorde erzielt, fachte die Nachfrage stark an. Coinbase ist aber natürlich nicht nur eine Verwahrbörse, sondern profitiert auch daran, wenn die Kunden die Kryptowährungen traden. Und je aktiver sie handeln, desto mehr verdient Coinbase.

Ende des 2. Quartals war die Zahl der monatliche aktiven Nutzer (MAU) um 8,8 Millionen bzw. 44 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal angestiegen. Inzwischen nutzen mehr als 9.000 Finanzinstitutionen die Dienste von Coinbase und soeben hat man die Expansion nach Japan bekanntgegeben, bei der man mit Mitsubishi UFJ Financial zusammen arbeitet.

Und auch in Deutschland steigt die Aktivität, denn im Juni wurde Coinbase von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Kryptohandels- und –verwahrlizenz erteilt - die bisher einzige in Deutschland. Damit ist Coinbase Germany das erste Unternehmen, das Handeln und Verwahren von Kryptowährungen unter der Aufsicht der BaFin anbieten kann, was für die Kunden eine zusätzliche Sicherheit bietet und das ist angesichts immer wieder hochpoppender Betrugsfälle im Coinsektor ein Vorteil, den man nicht unterschätzen sollte.

Das im zweiten Quartal über Coinbase abgewickelte Handelsvolumen stieg im Jahresvergleich um 1.500 Prozent auf 462 Milliarden Dollar und lag damit um 38 Prozent über den Werten aus dem ebenfalls starken 1. Quartal. Dabei ist Coinbase extrem profitabel und konnte für das zweite Quartal einen Nettogewinn von 1,6 Milliarden Dollar ausweisen - eine Steigerung von 4.900 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal. Die Umsätze wuchsen dabei um über 1.000 Prozent auf 2,0 Milliarden Dollar an.

Je mehr Kunden und je aktiver diese sind, desto besser für Coinbase und auch die hohe Volatilität des Bitcoin oder von Ethereum hilft. Um den Zeitpunkt des Börsengangs herum lag der Bitcoin bei rund 63.000 Dollar und stürzte danach um mehr als die Hälfte auf 30.000 ab. Inzwischen hat er sich wieder deutlich erholt und ringt mit der Marke von 50.000. Coinbase verdient an jeder Transaktion auf seiner Plattform 0,5 Prozentpunkte und generiert 96 Prozent seiner Einnahmen aus solchen Transaktionsgebühren.

Unter Druck


Im übertragenen Sinne liefert Coinbase die Hacken und Schaufeln für den Krypto-Währungsboom. Man hat eine etablierte Marke, den First-Mover-Vorteil und bereits eine starke und etablierte Marktposition. Die sich häufenden Betrugsfälle bei Kryptobörsen, bei denen Anleger um Millionen geprellt wurden, spielen den Etablierten Adressen in die Karten, zu denen im Kryptomarkt auch Coinbase zählt.

Allerdings kann dieses Vertrauen auch schnell verspielt werden und Coinbase sieht hier mit einigen Problemen konfrontiert. Der Kundenservice soll nur schwer erreichbar sein und selbst Kunden, deren Konten gehackt worden seien, erhielten nur unzureichend und unter größten Anstrengungen Support. Und dann verschickte Coinbase kürzlich auch noch eine Mail an 125.000 seiner Kunden, in der diesen mitgeteilt wurde, die Einstellungen ihrer Zwei-Faktor-Authentifizierung seien geändert wurden. Obwohl das nicht stimmte, versetzte es viele Kunden doch in Panik, weil sie befürchteten, ihr Konto sei gehackt worden. Hier weist Coinbase einiges an Verbesserungspotenzial auf.

Und dass man lieber gestern als morgen für Abhilfe sorgen sollte, liegt an einem zweiten kritischen Punkt. Amazon-Gründer Jeff Bezos sagte einmal: "Deine Marge ist meine Chance". Diese ist für Coinbase Segen und Fluch zugleich. Momentan fährt Coinbase satte Gewinne ein, doch Wettbewerber könnten mit niedrigeren Transaktionskosten punkten. Dabei gibt es kaum Markteintrittsbarrieren und Konkurrenten stellen nicht nur Krypto-Börsen dar, sondern auch Banken und Fintechs.

So haben Square und PayPal bereits den Handel mit Kryptowährungen eingeführt und auch das Bezahlen mittels Kryptowährungen wird dort zur Option. Und dann sind da noch Joe Bidens Steuerpläne, die für Einkommen ab einer Million Dollar beinahe eine Verdopplung des Steuersatzes vorsehen. Das lastet auf dem gesamten Sektor und könnte sich dem entsprechend negativ aus Coinbase auswirken, auch wenn noch in den Sternen steht ob und in welcher Ausgestaltung Bidens Steueränderungen irgendwann einmal kommen werden.

Hohe Chancen, hohe Risiken


Coinbase ist Marktführer bei Kryptobörsen und wächst stark in einem stark wachsenden Markt. Die hohen Margen locken Konkurrenten an und dabei auch etablierte Fintechunternehmen sowie „Old School-Banken“. Coinbase hat die Trümpfe in der Hand, muss sie aber auch richtig ausspielen. Auch hierbei sollte man an Jeff Bezos denken, der von Anfang an bei Amazon die Kundenzufriedenheit die höchste Priorität eingeräumt hat. Und damit punktet Amazon bis heute gegenüber alten und neuen Wettbewerbern. Das sollte für Coinbase, die gerade hier offene Flanken aufweisen, eine Warnung und gleichzeitig ein Antrieb sein, schnell besser zu werden. Denn ein Turbowachstumsunternehmen, das wie ein Hyperwachstumsunternehmen bewertet wird, kann alles vertragen, nur ein nachlassendes Wachstum. Damit steht und fällt die Bewertung.

An einer anderen Front geht Coinbase inzwischen in die Vollen. CEO Brian Armstrong hat angekündigt, dass sein Unternehmen 500 Millionen Dollar in Kryptowährungen investieren will. Und daran anschließend soll Coinbase künftig mindestens zehn Prozent aller Gewinne in den Kauf von Cyberdevisen investieren. Mit der Zeit soll dieser Prozentsatz weiter ansteigen, wenn die Kryptowirtschaft „reift".

Coinbase werde auf diesem Weg das erste börsennotierte Unternehmen sein, "das neben Bitcoin auch Ethereum, Proof of Stake-Assets, DeFi-Token und viele andere Krypto-Assets, die für den Handel auf unserer Plattform unterstützt werden, in seiner Bilanz führt", betont Armstrong.

Darüber hinaus will das Unternehmen Kryptowährungen langfristig in seine täglichen Aktivitäten integrieren. Das dürfte darauf hinauslaufen, dass Coinbase perspektivisch auch seine Händler und Mitarbeiter in Kryptowährungen bezahlen und weitere Finanztransaktionen mit Hilfe von Cyberdevisen vornehmen wird.

Der Bitcoin ist die bekannteste und am meisten beachtete Kryptowährung der Welt, aber die Zweifel an ihm wachsen. Nicht jedoch an der Blockchaintechnologie und an Kryptowährungen selbst. Für Coinbase dürfte es daher strategisch der richtige Schritt sein, sich stärker vom Bitcoin zu lösen und auf alternative Cyberwährungen und neue Produkte für die Kryptoökonomie zu setzen, um so die Einführung von Krypto bei institutionellen Transaktionen beeinflussen und beschleunigen zu können. Dadurch würde sich Coinbase nicht nur unabhängiger vom Bitcpoin machen, sondern sich auch von den Einnahmen aus dem Kryptohandel wegdiversifizieren.

Hohen Chancen stehen hohe Risiken gegenüber. Für Chase Coleman – und Cathie Wood – überwiegen die Chancen und daher setzen sie auf den weiteren Erfolg des Marktführers.


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