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Portfoliocheck: Steve Mandel kauft beim lateinamerikanischen E-Commerce-Leader MercadoLibre ein

Portfoliocheck Michael C. Kissig 2.034 Leser

Steve Mandel ist einer der erfolgreichste Hedgefonds-Manager unserer Zeit. Er gehört zu den sogenannten Tiger Cups, den Tigerwelpen. Die Bezeichnung geht zurück auf den legendären Hedgefonds-Manager Julian Robertson, der mit einem durchschnittlichen ROI von über 30 Prozent seiner Tiger Management Group zu den erfolgreichsten Fondsmanagern des letzten Jahrhunderts gehört. Robertson war aber nicht nur ein großartiger Investor, sondern ein mindestens ebenso guter Lehrer. Zu seinen Schülern gehören 50 der erfolgreichsten Fonds Manager der Welt, wie Andreas Halvorsen (Viking Global), Rob Citrone (Discovery Capital Management), Philippe Laffont (Coatue Management), Lee Ainslie (Maverick Capital). Und eben Stephen Mandel (Lone Pine Capital).

Stephen „Steve“ Frank Mandel Jr. wurde 1956 als jüdischer Amerikaner geboren. Nach seinem Abschluss an der Phillips Exeter Academy folgte im Jahre 1978 sein Bachelor of Arts am Dartmouth College sowie sein M.B.A. an der renommierten Eliteuniversität Harvard. Erste Berufserfahrungen sammelte er beim Unternehmensberater Mars & Co. und dort erlag er auch der Begeisterung für die Finanzmärkte. Im Alter von 28 Jahren wurde er Analyst bei Goldman Sachs, doch seine wohl beste Entscheidung traf Steve Mandel 1990, als er eine Stelle als Analyst beim damals revolutionären Hedgefonds Tiger Management und dessen Gründer Julian Robertson bekam.

Unter Robertsons schützenden Händen entwickelte sich der damals 34-jährige Mandel so zu einem der bedeutendsten Investoren unserer Zeit. Nach sieben lehrreichen Jahren wagte „Tiger Cup“ Mandel 1997 den Schritt in die Selbständigkeit und gründete den unter seiner Regie stehenden Hedgefonds Lone Pine Capital LLC, der in den letzten 13 Jahren im Durchschnitt Renditen von über 20 Prozent erzielte.

Top Transaktionen im 4. Quartal 2020


Steve Mandel pflegt einen aktiven und fokussierten Investmentstil. Seine Turnoverrate lag im vierten Quartal bei 24 Prozent und unter den nun 41 Werten in seinem rund 27,5 Milliarden Dollar schweren Portfolio finden sich gleich 15 Neuaufnahmen.

Komplett getrennt hat sich Mandel von PayPal und Capital One. Facebook reduzierte er um 39 und Match Group um 33 Prozent. Neu an Bord ist er bei Facebook-Konkurrent Snap, bei Carvana, Bilibilli und Farfecth, während er DexCom und MercadoLibre massiv aufgestockt hat.

Top Positionen am Ende des 4. Quartals 2020


Technology stellt mit knapp 46 Prozent weiter den stärksten Sektor in Mandels Portfolio gefolgt von Communication Services mit 18 Prozent. Neue Nummer drei sind zyklische Konsumwerte mit 14,2 Prozent, dahinter liegen Healthcare mit 12,7 Prozent und Industrials mit 5,7 Prozent. Die bisher drittplatzierten Financial Services rutschten von 10,9 auf 3,5 Prozent ab.

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Die größte Position stellt wie bisher der kanadische Webshop-Anbieter Shopify mit einem Gewicht von 7,4 Prozent dar. Um drei Plätze hat sich Coupa Software verbessert, während Microsoft auf dem dritten Rang verharrte. Da Facebook und PayPal auf Mandels Verkaufsliste standen, schoben sich Global Payments und Netflix weiter nach vorne und überholten dabei auch gleich noch United Health, die mit knapp vier Prozent Depotgewicht nun auf dem sechsten Rang liegen.

Neu in den Top 10 sind Adobe, MercadoLibre, Snap und Victoria’s Secrets-Mutter L Brands.

Im Fokus: MercadoLibre


Das argentinische Unternehmen MercadoLibre ist hierzulande weitgehend unbekannt, dabei gehört der Kursvervielfacher in den letzten Jahren zu den absoluten Highflyern an der NASDAQ.

Quelle: Wachstums-Check TraderFox

Der „Freie Markt“ agiert in Süd- und Mittelamerika, einem der am schnellsten wachsenden E-Commerce-Märkte der Welt, und hier gleich in einer ganzen Reihe von Zukunftsfeldern. Dabei kann er sich gegen die global agierenden Konkurrenten durchaus behaupten und zählt von den 644 Millionen Einwohnern Lateinamerikas bereits mehr als 300 Millionen als registrierte Benutzer zu seinen Kunden. Als führender Online-Marktplatz Lateinamerikas ist MercadoLibe in Mexiko sogar Marktführer vor Amazon.

Wie auch Vorbild und Wettbewerber Amazon erweitert MercadoLibre ständig sein Angebotsspektrum um neue Kategorien, um einerseits den vorhandenen Kunden mehr Angebote machen zu können und andererseits neue Kunden auf die Plattform zu locken, denen dann auch die bisherigen Angebote schmackhaft gemacht werden. Hierbei agiert MercadoLibre äußerst erfolgreich, wie sich am starken Umsatzwachstum zeigt. Darüber hinaus investiert das Unternehmen auch kräftig in seine Logistik-Kapazitäten, um seinen Fulfillment-Service MercadoEnvios für seine Händler immer weiter zu verbessern.

Neben dem Online-Marktplatz und dem Fulfillment-Service bietet MercadoLibre seinen Kunden und Händlern inzwischen auch eine Reihe von Finanzdienstleistungen an, sowohl Konsumentenkredite als auch Warenkredite für die Händler. Auch hierin zeigen sich Parallelen zum deutlich größeren Rivalen Amazon, so dass MercadoLibre oft als „Amazon Lateinamerikas“ bezeichnet wird.

Mercado Envios ist eine Versandlösung für den Markt in Brasilien, Argentinien, Mexiko, Kolumbien, Chile und Uruguay. Es integriert Spediteure und Lagerservices in die proprietäre Technologie von MercadoLibre, senkt die Versandkosten und optimiert die Effizienz.

Mit Mercado Pago können Benutzer Zahlungen online und offline senden und empfangen. Es bietet Händlern und Benutzern zusätzliche Lösungen, wie mPOS, QR-Zahlungen, digitale Geldbörse, Prepaid-Karte, Investitionen. Es ist in Brasilien, Argentinien, Mexiko, Kolumbien, Chile, Peru und Uruguay erhältlich.

Innerhalb des Online-Marktplatzes gibt es weitere stark wachsende Segmente. Unter Advertising findet sich die Werbung, mit der Einzelhändler und Marken ihre Produkte bewerben können, die sie auf dem Marktplatz anbieten. Und Classifieds sind Kleinanzeigen für Produkte und Dienstleistungen außerhalb der Plattform.

Starke Quartalszahlen


Die gerade vorgelegten Quartalszahlen zeigen ein enormes und ungebrochenes Wachstumstempo. So stieg der Umsatz im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahreswert um 184,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar. Im Segment E-Commerce gab es eine Steigerung von 109,7 Prozent beim Gesamtwarenvolumen (GMV) auf 6,6 Milliarden Dollar. Das Payment-Volumen legte um 134,4 Prozent auf 15,9 Milliarden Dollar zu.

Bei allen Zahlen muss berücksichtigt werden, dass die Umsätze in den jeweiligen Ländern und Landeswährungen erfolgen und durch den starken Dollar bei der Umrechnung daher währungsbedingt schwächer ausgefallen sind, als in Landeswährung.

MercadoLibre verzeichnete im vierten Quartal einen Rekordumsatz und übertraf die Schätzungen der Analysten deutlich. Die Gewinnmargen gingen jedoch aufgrund höherer Ausgaben zurück, um mit dem durch die Corona-Pandemie ausgelösten Online-Shopping-Boom Schritt zu halten. Die Bruttogewinnmarge des Unternehmens sank gegenüber dem Vorjahr um 8,9 Prozentpunkte, während die Kosten aufgrund der höheren Kosten für Waren und Versand während der wettbewerbssensiblem Weihnachtszeit um 36 Prozent anstiegen.

Unterm Strich verbuchte MercadoLibre daher erneut einen Verlust, der jedoch auf -50,6 Millionen Dollar reduziert werden konnte. Für das Gesamtjahr lief ein Nettoverlust von 700.000 Dollar auf verglichen mit einem Nettoverlust von knapp 172 Millionen Dollar im Vorjahr.

Der Onlineverkauf hat in Lateinamerika noch einen vergleichsweise geringen Anteil am gesamten Einzelhandelsvolumen, wächst aber stark. Daher setzen die Unternehmen stark auf Wachstum. Und MercadoLibre will sich hier als Marktführer keine Blöße geben. Entsprechend hoch sind aktuell die Investitionen in den Ausbau der Logistik, Services und Dienstleistungen, denn schnelle und zuverlässige Lieferungen sind ein entscheidender Wettbewerbsvorteil im E-Commerce. Alleine in Brasilien, dem größten Markt, sollen in 2021 fast 1,8 Milliarden Dollar investiert werden.

MercadoLibre setzt stark auf seine digitale Zahlungsplattform MercadoPago. Diese ist nicht nur die dominierende Zahlungsoption auf dem eigenen Marktplatz, sondern hat sich zu einem lateinamerikanischen PayPal entwickelt. Es wird sogar bei diversen konkurrierenden Onlineplattformen als Zahlungsoption angeboten.

Die Transaktionen über MercadoPago siegen im vierten Quartal um 131 Prozent bei 20 Millionen aktiven Wallet-Nutzern. Dabei liegt der Anteil des plattformfremden Zahlungsvolumens bei inzwischen rund 58 Prozent. Da nur rund die Hälfte der Menschen in Lateinamerika ein Girokonto haben, stellen mobile Zahlungsdienste für sie eine Alternative dar. MercadoPago wächst in diesem Segment nicht nur über seine Shoppingplattform, sondern gewinnt auch ohne diese Marktanteile im Paymentsektor. Für dieses Jahr ist die Einführung einer Kreditkarte in Brasilien geplant und mit PayPal arbeitet man an einem Service zur Annahme von Überweisungen in Mexiko. PayPal hatte sich vor zwei Jahren mit 750 Millionen Dollar an MercadoLibre beteiligt und ist deren Partner bei Zahlungsdienstleistungen.

Aber auch sein weiteres Ökosystem baut MercadoLibre konsequent aus. Das Fulfillment-Business Mercado Envios hat in 2020 bereits 241 Millionen Artikel verschickt. Und Credito, die Plattform für die äußerst lukrativen Kleinkredite, kommt mittlerweile auf ein Kreditvolumen von 479 Millionen Dollar, während der Vermögensverwalter Mercado Fondo rund 700 Millionen Dollar an Mandantengeldern verwaltet

Aussichten


MercadoLibre ist der führende E-Commerce-Anbieter Lateinamerikas und auch führend beim digital Payments. Der Onlinehandel hängt in der Entwicklung hinterher, wächst aber umso stärker. Kräftigen Einfluss haben die jeweiligen Währungen, die traditionell gegenüber dem Dollar zur Schwäche neigen. Daher stellen sich die Zahl in Dollar immer niedriger dar, als es in Landeswährung wirklich ist. Da jedoch die Kosten und Investitionen ebenfalls in der jeweiligen Landeswährung anfallen, ergibt sich hieraus operativ kein Nachteil.

Als Marktführer spielt MercadoLibre seine Trümpfe geschickt aus. Die Wettbewerber schlafen allerdings nicht. Mit PayPal hat man einen starken Partner im Paymentsektor im Boot und an Wettbewerber StoneCo ist Steve Mandel ebenfalls maßgeblich beteiligt. Im E-Commerce gibt es diverse Wettbewerber, nicht nur Amazon, sondern auch die führende Plattform Südostasiens, Sea Limited, hat angekündigt, nach einer mehrjährigen Pilotphase in Brasilien durchstarten zu wollen.

MercadoLibre schreibt noch Verluste. Das ist den hohen Investitionen ins Wachstum geschuldet. Eine zielführende Strategie. Geld genug für das Wachstum ist vorhanden und es stehen zahlungskräftige Anteilseigner im Hintergrund bereit, um nötigenfalls weitere Mittel zu investieren. Corona war und ist auch in Lateinamerika eine enorme Herausforderung und eine Rückkehr zum Normalzustand wird auch die Umsätze des stationären Einzelhandels in Lateinamerika wieder anziehen lassen. Hieraus wird sich aber keine Wachstumsdelle für MercadoLibre ergeben, auch wenn die Corona bedingt dreistelligen prozentualen Wachstumsraten sich in der Zukunft wieder auf hohe zweistellige Raten abflachen werden.

MercadoLibre ist der aussichtsreichste Online-Play in Lateinamerika. Trotz einer Börsenkapitalisierung von rund 85 Milliarden Dollar und einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von 16.


Bildherkunft: AdobeStock: 144204212