aktien Magazin

Wichtiges Anlegerwissen: Positive Konjunkturnachrichten sind nicht immer gut für Aktien

Kommentare aktien Magazin 473 Leser

Das Zusammenspiel von Konjunktur und Börse ist nicht immer so, wie Laien das spontan vermuten würden. So war ein sehr starker US-Arbeitsmarkt wie aktuell nicht immer gut für US-Aktien. Ebenso hat eine boomende Wirtschaft die "Produktionslücke" fast geschlossen, und auch das war historisch gesehen nicht unbedingt für die US-Börse. Außerdem fiel der Anstieg der Aktienkurse zuletzt stärker aus als jener der US-Geldmenge, was in der Vergangenheit ebenfalls eine Bürde war. Zumindest bestätigt alles dass Daten vom Finanzdienstleister Ned Davis Research, über die TraderFox berichtet.

Der Auftakt in das neue Börsenjahr ist speziell an der Wall Street dürftig verlaufen. So sitzt der Nasdaq 100 Index derzeit auf Verlusten von rund 10 %. Angesichts der zuletzt schwachen Kursentwicklung suchen die in den Jahren zuvor meist Erfolgs verwöhnten Anleger nach positiven Einflussfaktoren im Marktumfeld, die Besserung versprechen. Allerdings taugt längst nicht jeder Strohhalm dazu, dass sich die Notierungen daran tatsächlich hoch ziehen können. So müssen Investoren beachten, dass nicht jede gute Nachricht über die Wirtschaft nicht auch zwingend eine gute Nachricht für den Aktienmarkt ist.

Beispielsweise gilt diese These momentan auch mit Blick auf den US-Arbeitsmarkt, zu dessen Verfassung am vergangenen Freitag die aktuellen Daten für Januar vorgelegt wurden. Diese Zahlen sind sehr relevant für die Finanzmärkte, da sowohl die Beschäftigungs- als auch die Lohnentwicklungen mitbestimmen, in welchem Tempo die Fed die Zinsschritte und ein Quantitative Tightening vornehmen wird, so die Norddeutsche Landesbank.

Laut der vom Bureau of Labor Statistics durchgeführten Unternehmensbefragung sind 467.000 Jobs geschaffen worden. Zudem: Die beiden Vormonate wurden um über 700.000 nach oben revidiert. Das ist dann laut NordLB wohl erneut eine der größten Positivüberraschungen der Geschichte! Auf den ersten Blick erstaunt dabei der (leichte) Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,0%, heißt es von Seiten der NordLB-Analysten weiter. Doch bei genauer Betrachtung ist erkennbar, dass in dieser Haushaltsbefragung ein Beschäftigungsanstieg von über einer Million angegeben wurde, der von einem Zuwachs in der Labor Force um noch höhere 1,5 Mio. begleitet war. Das bezeichnet die NordLB einfach nur als beeindruckend!

Zu allem Überfluss zogen auch noch die ebenfalls im Fokus stehenden Stundenlöhne um 0,7% im Monatsvergleich erneut stark an. Der in einigen Sektoren vorherrschende Arbeitskräftemangel sorgt weiter für steigende Löhne. Offenbar müssen die Unternehmen zunehmend bereit sein, höhere Gehälter zu zahlen, um überhaupt noch die passenden Arbeitskräfte zu finden.

Niedrige und steigende Anträge auf Arbeitslosenunterstützung sind bearish


Der Beschäftigungsmotor läuft rund. Die Arbeitslosenquote praktisch auf einem Vor-Coronavirus-Niveau und die hohen Stundenlöhne (5,7% im Jahresvergleich) verdeutlichen die Notwendigkeit einer geldpolitischen Neuausrichtung. Die Fed wird im März das Aufkaufprogramm beenden und eine erste Zinsanhebung vornehmen. Zusammen mit dem zuletzt hawkishen EZB-Event weist der beeindruckend starke US-Arbeitsmarktbericht auf eine Zinswende hin, erklärt die NordLB. Und es bleibt abzuwarten, wie die Börsen damit zurechtkommen.

Kritisch wird es für US-Aktien erfahrungsgemäß dann, wenn es zu einem Anstieg der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung von einem sehr niedrigen Niveau aus kommt. Seit 1967 ging das im Schnitt mit Verlusten beim S&P 500 Index einher, wie von Ned Davis Research ermittelte Zahlen zeigen. Konkret fiel der US-Leitindex bei dieser Konstellation auf ein Jahr hochgerechnet um durchschnittliche 7,2%. Und auch schon ein Stand der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung von unter 310.000 alleine reichte seit 1967 aus, um dem S&P 500 Index hochgerechnet ein Minus von im Schnitt 1,1 % p.a. zu bescheren. Zum Vergleich: Bei Anträgen von über 415.000 betrug der Wertzuwachs durchschnittlich 19,0 % p.a.

Der Fed-Chef Powell spricht derzeit vom vielleicht stärksten Arbeitsmarkt aller Zeiten und laut Grafik ist dies ein gutes Zeichen für eine sich verbessernde Wirtschaft. Aber wenn die Anträge unter 310.000 (4-Wochen-Basis) liegen und ansteigen, kann dies auch ein Zeichen für "hohen Inflationsdruck" und damit "bearish für Aktien" sein. Für Anlagestratege Ned Davis heißt das genau zu beobachten, wann es zu einem Anstieg der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung kommt.

Zusammenspiel von S&P 500 Index und der Anträge auf US-Arbeitslosenunterstützung

Quellen: Bureau of Labor Statistics. Ned Davis Research

Wichtig zu wissen ist mit Blick auf die USA auch, dass durch den Boom des Vorjahres beim Wirtschaftswachstum die Produktionslücke fast geschlossen ist. Gemeint ist mit der Produktionslücke ein wirtschaftliches Maß für die Differenz zwischen der tatsächlichen Produktion einer Volkswirtschaft und ihrem Produktionspotenzial. Das Produktionspotenzial ist die maximale Menge an Waren und Dienstleistungen, die eine Volkswirtschaft produzieren kann, wenn sie am effizientesten ist, d. h. wenn sie ihre Kapazitäten voll ausschöpft.

Für sich alleine betrachtet ist das zunächst einmal eine gute Nachricht ist. Denn kein Wirtschaftswissenschaftler oder Politiker möchte, dass die Wirtschaft unter ihrem Potenzial bleibt, so Ned Davis Research. Dennoch könnte dies bedeuten, dass die Wirtschaft jetzt ein wenig "überkauft" ist, und das war historisch gesehen nicht so gut für Aktien, wie in der zweiten Grafik des US-Finanzdienstleisters zu sehen ist. Demnach schneiden Aktien viel besser ab, wenn eine große Produktionslücke besteht. Bei einem Output Gap von mehr als -2,7 ergab sich bei S&P 500 Index seit Ende 1957 ein Plus von im Schnitt 19,78 % p.a. Bei einem Output Gap von weniger als -0,9 stellte sich dagegen ein durchschnittliches Minus von 0,12 % p.a. ein.

Zusammenspiel von S&P 500 Index und Anträge auf US-Arbeitslosenunterstützung

Quellen: Congressional Budget Office, Ned Davis Research

Anlagestratege Ned Davis weist außerdem auch noch darauf hin, dass US-Geldmenge M2 und Aktien im Jahr 2021 geboomt haben. was für die Anleger da noch eine gute Nachricht war. Allerdings hätten die Aktien Ende letzten Jahres die Geldmenge mit ihrem Anstieg überholt.

Historisch betrachtet sei das eine wenig vorteilhafte Konstellation gewesen, weil im Anschluss daran auf Sicht von 5 bis 10 Jahren die Performance des S&P 500 Total-Return-Index nicht mehr ganz so gut ausgefallen ist. Denn bei Ständen des Verhältnisses von S&P 500 zur Gledmenge M2 im Top-Quintil ergab sich dann innerhalb von 5 Jahren im Schnitt nur ein Plus von 7,40 % und innerhalb von 10 Jahren von 49,67 %. Die Zuwächse bei Ständen im Bottom-Quintil betrugen dagegen 114,44 % bzw. 362,76 %.

Zusammenspiel von S&P 500 Index und Geldmenge M2

Quellen: Federal Reserve Board, S&P Dow Jones Indices, Ned Davis Research


Bildherkunft: AdobeStock: 450813757