18.10. 18:52

Macron sieht Nato durch US-Politik in Syrien geschwächt

Paris/Brüssel/Ankara (Reuters) - In der EU stoßen die von US-Präsident Donald Trump durchgesetzte Feuerpause in Nordsyrien sowie der Kurswechsel der US-Politik in der Region auf scharfe Kritik.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wertete am Freitag den Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien und die darauf folgende Offensive der Türkei gegen Kurden-Milizen als schweren Fehler, der der Nato schade. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, von Feuerpause könne keine Rede sein: "Es ist die Forderung nach einer Kapitulation der Kurden." Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigte, in Nordsyrien werde eine Sicherheitszone eingerichtet. Allerdings bestehen offenbar unterschiedliche Vorstellungen zwischen den USA und der Türkei über das Ausmaß dieser Zone.

"Ich glaube, was in den vergangenen Tagen passiert ist, ist ein schweren Fehler des Westens und der Nato in der Region", sagte Macron. Die Glaubwürdigkeit des Schutzes westlicher Partner sei geschwächt worden. Auch in den USA wird Trump Verrat an den Kurden-Milizen in Nordsyrien vorgeworfen. Deren YPG-Miliz war der wichtigste Verbündete der USA im Bodenkampf gegen die Extremistenmiliz IS in Syrien. Erst nach dem unvermittelten Abzug der US-Truppen aus der Region gab Erdogan den Angriffsbefehl. Er wertet die YPG als Terroristen. Die Kurden haben die mit Russland verbündete syrische Armee zu Hilfe gerufen. Syrische Soldaten haben mittlerweile in Teilen der Kurdengebiete Stellung bezogen, die nach den Vorstellungen Erdogans Teil der Sicherheitszone werden sollten.

GEFECHTE TROTZ FEUERPAUSE

Trotz der Feuerpause kam es am Freitagmorgen zu Gefechten. Reuters-Reporter hörten Maschinengewehr-Feuer und Granateinschläge in der Grenzstadt Ras al Ain. Trump erklärte dazu, Erdogan habe ihm telefonisch zugesichert, es habe sich um den Beschuss von Heckenschützen und Feuer aus Mörsern gehandelt. Dies sei rasch ausgeschaltet worden. "Ihm liegt viel daran, dass die Feuerpause funktioniert", twitterte Trump.

Erdogan selbst kündigte an, in der geplanten Sicherheitszone sollten zwölf Stützpunkte eingerichtet werden. Vor Reportern in Istanbul sagte der Präsident, die Zone solle eine Länge von 440 Kilometern entlang der türkisch-syrischen Grenze haben und eine Breite von 32 Kilometern. Dagegen erklärte der US-Sondergesandte für Syrien, James Jeffrey, die Sicherheitszone solle nur ein kleines Gebiet umfassen, in dem die türkische Armee bereits aktiv sei. Die Kurden-Milizen in Syrien gehen davon aus, dass die Sicherheitszone auf das Gebiet zwischen den Grenzstädten Ras al Ain und Tal Abyad begrenzt wird. Beide Städte liegen 120 Kilometer auseinander.