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Künstliche Intelligenz im Asset Management - dieses FinTech leistet Pionierarbeit

Artikel, Business-Talk Philipp Karges 962 Leser

Liebe Leser,

vor einiger Zeit hatten wir Thomas Kutschera, den Co-Founder von AXOVISION bei uns im Gespräch. AXOVISION hat die Mission, das Potenzial modernster Technologien für die Kapitalmärkte zu erschließen und sowohl privaten als auch institutionellen Kunden zugänglich zu machen. Seit unserem ersten Interview hat sich einiges getan. AXOVISION hat kürzlich Ihr erstes Produkt für Privatanleger auf den Markt gebracht. Hierbei handelt es sich um ein Zertifikat, das von Preisdifferenzen auf Kryptowährungsmärkten profitieren soll. Demnächst soll ein eigener KI-Investmentfonds auf den Markt kommen.

(Hier geht's zum ersten Interview mit AXOVISION)

Thomas Kutschera, CEO und Mitgründer von AXOVISION

Hallo Thomas, bitte stell dich und AXOVISION vor für die, die euch noch nicht kennen.


Hallo, mein Name ist Thomas Kutschera. Gemeinsam mit meinen Kollegen Christoph Peter und Jan Wessling habe ich AXOVISION gegründet. Wir vereinen unsere technologischen und betriebswirtschaftlichen Kompetenzen, um innovative und zukunftsträchtige Investmentprodukte zu entwickeln.

Fast ein Jahr ist nun seit unserem letzten Interview vergangen. Was hat sich in dieser Zeit bei euch getan?


Ich würde sagen, wir haben die Zeit gut genutzt. Mittlerweile sind wir BaFin-reguliert, haben zwei Produkte auf den Markt gebracht und stehen kurz vor dem Launch des Dritten.

Im Dezember letzten Jahres haben wir ein Exchange Traded Instrument gelauncht, dass von den unterschiedlichen Finanzierungssätzen auf den Kryptowährungsmärkten und den traditionellen Finanzmärkten profitiert, ohne den massiven Schwankungen des Kryptomarktes zu unterliegen. Bei unserem zweiten Produkt handelt es sich um ein sogenanntes Signals-as-a-Service-Produkt. Der Mittelpunkt dieses Produkts sind unsere eigenen KI-Modelle, die verschiedenste Datenquellen auswerten und daraus sofort umsetzbare Handelssignale für unterschiedliche Märkte generieren. Die generierten Informationen werden dann professionellen Anlegern zur Verfügung gestellt. Unser drittes Produkt, dass sich aktuell auf der Zielgeraden befindet, ist unser eigener KI-Investmentfonds. Dieser Fonds beruht komplett auf eigens hierfür entwickelten Machine Learning Modellen und setzt diese unter Berücksichtigung der regulatorischen Risikoparameter um.

Welche Strategie steckt hinter eurem Fonds und welche Rolle spielt hierbei die KI?


Heutzutage hat man sehr viele Informationen zur Verfügung, die nicht mehr durch einen Menschen auswertbar sind. Diese Informationen sind jedoch wichtig, um ideale Entscheidungen zu treffen. Früher war die Analyse generell sehr zentriert auf die klassischen Finanzmarkt- und Fundamentaldaten. Heutzutage sind aber ebenfalls sogenannte alternative Daten wichtig. Hierzu gehören Informationen wie der Content auf Reddit oder anderen sozialen Medien, also das Sentiment. Aber auch Informationen wie die Nachrichtenlage können dabei helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Der Mensch ist jedoch gar nicht in der Lage, all diese Informationen in seiner Gesamtheit und so schnell wie es nötig wäre, auszuwerten. Genau hier wollen wir mit unserer Technologie ansetzen. Wir versuchen alle relevanten Datenquellen an unsere Machine Learning Modelle anzubinden. Das kann man sich dann so vorstellen: Auf der einen Seite verarbeiten unsere Modelle klassische Daten wie Fundamentalzahlen, Handelsvolumina, oder Makrodaten. Auf der anderen Seite aber auch die Nachrichtenlage, die Stimmung in den sozialen Netzwerken usw. All diese Daten stellen wir der KI zur Verfügung. Auf dieser Basis werden historische Muster erkannt und letztendlich Rückschlüsse auf die Zukunft gezogen. Diese Vorhersagen können dabei helfen, systematisch und langfristig bessere Entscheidungen zu treffen.

Bei eurem Fonds handelt die KI also komplett selbstständig? 


Grundsätzlich sind zwei Ansätze möglich. Die KI trifft Entscheidungen, die von einem Portfoliomanager weiterverarbeitet werden und so wieder die oben genannten Nachteile der menschlichen Entscheidungsfindung einfließen lassen. Oder aber man lässt die KI innerhalb eines festen Rahmens komplett selber ihre Stärken ausspielen.

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, der KI so viel Freiraum wie möglich zu lassen. Unser menschlicher Input besteht aus zwei Dingen:

  1. Die Zielstellung, also der Frage, was optimiert werden soll und welche Datenquellen einfließen
  2. Die Rahmenbedingungen. Risikomanagement ist wichtig. Das ist vor allem bei einem regulierten Publikumsfonds notwendig. Innerhalb dieses Rahmens kann die KI sich austoben, ihr Potenzial ausschöpfen und die Anlageentscheidungen selbstständig treffen.

Habt ihr ein bestimmtes Ziel mit eurem Fonds, wie das Erreichen einer bestimmten Benchmark?


Uns geht es nicht darum, eine bestimmte Benchmark zu schlagen. Wichtig ist zu erwähnen, dass es sich nicht um einen Long-only-Fonds handelt. Es können auch Leerverkäufe getätigt werden. Damit möchten wir  Abwärtsphasen minimieren. Gleichzeitig bedeutet das, dass wir in Bullenmärkten nicht immer eine Outperformance im Vergleich zu einer bestimmten Benchmark erzielen werden. Wir versuchen das Beste aus zwei Welten zu kombinieren, also Kursrückgänge in Bärenmärkten abzufedern und langfristig mit den Aktienmärkten zu konkurrieren bzw. auch eine Outperformance zu erzielen. Aus Diversifikationsaspekten sind solche Strategien hochinteressant, da die Risiko- & Rendite-Parameter bestehender Portfolios durch Hinzunahme einer solchen Strategie verbessert werden können.

Glaubst du an die Markteffizienzhypothese? Inwieweit lässt sich eine KI, die den Markt langfristig schlägt, mit dieser vereinbaren?


Die wohl wichtigste Annahme der Markteffizienzhypothese ist, dass jedem Marktteilnehmer alle Informationen zu jeder Zeit in gleichem Maße zur Verfügung stehen. Diese Annahme ist schlichtweg nicht korrekt. Der Markt ist nicht 100-prozentig effizient und es ist nicht immer offensichtlich, wo zu einem bestimmten Zeitpunkt die Ineffizienzen auftreten. Sobald eine Ineffizienz offensichtlich ist, wird sie ausgebeutet und der Markt wird hierdurch wieder effizient. Hier setzt unser KI-Ansatz an. Wir sind der Meinung, dass speziell weniger greifbare und sehr flüchtige Ineffizienzen von der KI schneller erfasst werden als vom Menschen. Man muss also dazu in der Lage sein, diese Ineffizienzen schnell zu erkennen und dann auch auszunutzen. Hierbei kann eine KI helfen.

Nun seid ihr mit eurem ersten Produkt auf den Kryptomarkt expandiert. Um was für ein Produkt handelt es sich hierbei?


Als technologiefokussiertes Unternehmen ist neben der KI das Thema Blockchain extrem spannend. Die Technologie für sich ist unabhängig von den existierenden Kryptowährungen nicht mehr wegzudenken. Daher haben wir uns entschlossen, eine neue Produktlinie auf den Markt zu bringen, die sich mit dem Thema Digital Assets befasst –  Jolly Ledger. Unser erstes Produkt ist seit Ende letzten Jahres auf dem Markt und in Form eines Exchange Traded Instruments an der Börse Stuttgart handelbar. Mit dem Jolly Ledger Digital Assets Arbitrage ETI (ISIN: DE000A3GV3E5) sind wir in der Lage sowohl professionellen als auch privaten Investoren eine attraktive Alternative im aktuellen Niedrigzinsumfeld zu bieten. Das ist seit kurzem sogar mit einem Sparplan bei der comdirect möglich.

Und welche Idee steckt hinter diesem Produkt?


Die Idee besteht darin, die unterschiedlichen Finanzierungskosten der Kryptomärkte und der traditionellen Finanzmärkte zu nutzen. Im Gegensatz zum klassischen Bankkonto gibt es auf dem Kryptomarkt durchaus noch Zinsen. Wir haben uns gefragt, wie man dieses Zinsniveau auf dem Krypotmarkt in ein reguliertes Anlageprodukt transferieren kann. Hierfür haben wir zwei Teilstrategien definiert:

  1. Den Kauf und die Leihe von Stablecoins. Ein Stablecoin ist sehr schwankungsarm, da er z.B. an eine Reservewährung wie den Dollar gekoppelt ist und mit 100 Prozent US-Dollar gedeckt ist. Diese Stablecoins verleihen wir an eine deutsche Bank und erhalten dafür Zinsen im hohen einstelligen Prozentbereich.
  2. Wir kaufen digitale Währungen auf dem Kassamarkt und verkaufen diese gleichzeitig auf dem Futuremarkt, sobald wir attraktive Preisdifferenzen feststellen können. Durch die Gegensätzlichkeit der Positionen wird die Schwankung des Marktes in der Zwischenzeit ausgeglichen und die Preisdifferenz ist dann unser Ertrag.

Quelle: Website Jolly Ledger

Wird der Mensch in den nächsten Jahren noch eine Chance gegen eine aktiv handelnde Künstliche Intelligenz haben?


Wir wollen niemanden ersetzen, es geht uns eher darum die Adaption und das Potenzial dieser Technologie für den Kapitalmarkt zu erschließen und Anlegern eine weitere Quelle für Alpha und Diversifikation zu bieten. Unsere Überzeugung ist es, dass Künstliche Intelligenz dabei eine zentrale Rolle spielt.

Vielen Dank für das Interview!


 


Bildherkunft: AXOVISION